Führungskräfte und Kosten – (K)eine Liebesgeschichte
Der Havard Business Manager hat in seiner letzten Ausgabe darüber geschrieben, dass eine groß angelegte Studie keinerlei Erfolgszusammenhang zwischen einer wirtschaftlichen Ausbildung des CEOs und dem Erfolg des Unternehmens feststellen konnte – wenn überhaupt, dann einen negativen.
Eine Wirtschaftsausbildung führt offensichtlich dazu, dass der CEO eher dazu geneigt ist bei Gehältern zu sparen und dies sich in der Regel langfristig negative auf den Erfolg auswirkt.
You don’t say…
Mich überrascht dieses Ergebnis jedenfalls nicht.
Warum?
Weil Führungskräfte meistens ein falsches Kostenverständnis besitzen und speziell jene, die eine Ausbildung in diesem Bereich absolviert haben – die lernen es nämlich unvollständig, sind aber davon überzeugt, zu wissen, worauf es ankommt.
Und das sage ich als jemand, der selbst drei Wirtschaftsstudien abgeschlossen hat, 14 Jahre Geschäftsführer war und seit 2020 Führungskräfte in diversen Unternehmen und Branchen trainiert und begleitet.
Ein unvollständiges Kostenverständnis
Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass man auf der Universität hauptsächlich lernt mit Zahlen umzugehen. Sie zu erfassen, einzuordnen, berechnen und aus diesen Berechnungen Rückschlüsse zu ziehen.
Das ist grundsätzlich nicht falsch. Zahlen sind oft eine wichtige Informationsgrundlage für Entscheidungen.
Ein Problem wird es dann, wenn einfach alles ignoriert wird, was man nicht eindeutig in Zahlen erfassen kann.
So kann ich zwar messen, wie viel Zeit meine Mitarbeiter beim Kaffee mit Kollegen verbringen und was mich das theoretisch kostet (Stundelohn x Arbeitszeit). Ich kann aber nicht erfassen, wie dieser Austausch die Zusammenarbeit mit Kollegen oder die Produktivität der Mitarbeiter über den Tag verteilt fördert – und die Kaffeepausen damit vielleicht sogar zu einem Gewinnbringer machen.
Auf dem Papier stellen die Kaffeepausen einen unnötigen Kostenfaktor dar.
Ebenso kann ich zwar messen, was mich ein Controlling kostet und was mir die Optimierung einzelner Prozesse theoretisch bringt.
Ich übersehe aber dabei, dass diese Optimierung dazu führt, dass meine Mitarbeiter regelmäßig ihre Arbeit kurz unterbrechen müssen, was sich negativ auf die Produktivität und Fehlerhäufigkeit auswirkt.
Oder das Thema Kontrolle. Ich berechne, dass ich durch mehr Kontrolle die 3% der Mitarbeiter in den Griff bekomme, die sich regelmäßig vor der Arbeit drücken – übersehe aber dabei, dass diese Kontrolle dazu führt, dass das Vertrauen der restlichen 97% gegenüber der Firma und damit deren Leistung drastisch abnimmt.
Das sind nur ein paar Beispiele, denen ich beinahe tagtäglich in Unternehmen begegne. Was sich am Papier oft gut anhört, endet oft in einem Desaster und keiner versteht warum.
Genau deshalb braucht es fundierte Führungsausbildungen, mit dem Fokus auf Führung und nicht auf klassischer Betriebswirtschaft (der Kostenaspekt aus Führungssicht ist Teil meines Schwerpunktes „Kernaufgaben der Führung„).
Für dich an dieser Stelle: Überlege dir in Zukunft nicht nur, welche Kosten dir durch eine Entscheidung oder Aktion entstehen, sondern auch welche möglichen indirekten Kosten anfallen können – wie eben z.B. Vertrauensverlust, Unterbrechung von Arbeit, abnehmende Zusammenarbeit, abnehmende Verantwortung, usw.
Schaue dir dazu auch Beispiele aus deiner Vergangenheit an: Wo hat sich etwas komplett anders entwickelt als angenommen bzw. berechnet? Was waren die Gründe dafür? Die Chancen stehen hoch, dass hier auch auf Grund eines falschen Kostenverständnis wesentliches übersehen wurde.
Nimm auf jeden Fall eine kritische Haltung gegenüber reinen Zahlen ein. Sie erzählen meist nur die halbe Geschichte.
– Autor –
Stefan Delano
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