Wann man als Führungskraft unbedingt die Stellung halten MUSS

Eine der schwierigsten Gegensätzlichkeiten im Spannungsfeld Führungskraft* ist die Frage, wann man als Führungskraft die Stellung halten muss und wann etwas mehr Flexibilität und Nachsicht die bessere Option ist.

Aber es gibt Situationen, die eindeutig sind und in den trotzdem falsch entschieden wird. Warum?

Sehen wir uns zuerst zwei Situationen von Führungskräften an, mit denen ich zusammenarbeite:

  • Ein hochqualifizierter Mitarbeiter mit Schüsselqualifikationen und Kernwissen des Unternehmens und dessen Prozesse. Es gibt folgende Probleme: Er erfüllt Aufgaben, die ihn nicht interessieren nicht, leistet aktiv Widerstand gegen Herangehensweisen, wo er anderer Meinung ist (anstelle das Gespräch zu suchen und Pro- und Contra zu besprechen) und hetzt Mitarbeiter auf und verbreitet Missstimmung, wenn das Unternehmen Rahmenbedingungen vorgibt, die ihm nicht gefallen (z.B. er wollte nach Corona fünf Tage Home Office, die Firma erlaubt aber max. zwei Tage Home Office – wurde auch im Arbeitsvertrag festgehalten).
  • Eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter in einem Hotelleriebetrieb, die regelmäßig Kollegen beschimpfen, teilweise auch jene, mit denen sie nicht zusammenarbeiten. Es passieren regelmäßige Wutausbrüche und es gibt Vorwürfe von unethischem Verhalten, das aber nicht nachgewiesen werden konnte, auch, wenn die Indizien sehr stark sind (z.B. Diebstahl von Trinkgeld).

 

Wenn man diese Situationen liest, ist man schockiert und fragt sich, wie es dazu kommen konnte und warum man sich nicht schon längst von diesen Mitarbeitern getrennt hat.

Das Skurrile dabei: Die jeweilige Führungskraft würde ein solches Verhalten eigentlich auch auf keinen Fall tolerieren.

Wie ist es also dazu gekommen?

 

Grenzen verschieben sich langsam, aber kontinuierlich

Das Verhalten der jeweiligen Mitarbeiter war nicht von Beginn an so. Es waren zunächst produktive Mitarbeiter, die sich gut ins Team eingefügt hatten und mit der Führungskraft ein gutes Verhältnis pflegten.

Dann kam eine kleine ethische Überschreitung – zum Beispiel ein kleines Aufbrausen, eine bewusst nicht erledigte Aufgabe, etwas Gemurre in Richtung anderer Kollegen und schnippische Bemerkungen.

Aber anstelle auf diese Überschreitungen zu reagieren, wurden sie geflissentlich übersehen und so getan, als wäre nichts geschehen. Es war schließlich nur einmal und die Überschreitung auch nicht weiter schlimm.

Aber die Überschreitungen begannen häufiger aufzutreten. Da man aber bisher nicht reagiert hatte, wurde auch weiter nicht reagiert. Mit der Zeit wurden die Überschreitungen destruktiver. Bei einem Aufbrausen fiel auch einmal ein Schimpfwort, bei Missfallen eines Prozesses wurden aktiv andere Mitarbeiter angestachelt.

Spätestens jetzt hätte man reagieren müssen. Aber da sich die bisherigen Überschreitungen als neuer Standard etabliert haben, war das Verhalten wieder nur eine weitere kleine negative Veränderung. Also verschob sich die Grenze weiter, bis wir Schritt für Schritt über Wochen, Monate und teilweise sogar Jahre beim Status Quo angekommen sind, wo das Verhalten so destruktiv ist, dass nicht nur die Produktivität massiv darunter leidet, sondern andere Mitarbeiter entweder stark negativ davon betroffen sind oder schlichtweg kündigen.

 

Wenn es also darum geht, als Führungskraft die Stellung zu halten, müssen wir zwei große Bereiche voneinander unterscheiden:

  1. Vorgaben die Prozesse betreffen und nicht eingehalten werden und
  2. Übertretungen bezüglich der Zusammenarbeit und ethischem Verhalten.

Im ersteren macht es oft Sinn, Flexibilität walten zu lassen und nachsichtiger zu sein (kann sogar ursprünglich so geplant worden sein). Im zweiten Fall dagegen muss das Verhalten sofort sanktioniert und eine Grenze gezogen werden.

Es muss für die Mitarbeiter eindeutig sein, dass es einen moralischen und ethischen Standard gibt, der einzuhalten ist und dass man als Führungskraft nicht bereit ist, hier auch nur einen Zentimeter nachzugeben.

Das ist leichter gesagt als getan. Wie geht man schließlich mit Situationen um, die nicht eindeutig sind? Oder mit jenen, in denen das Verhalten vielleicht sogar nachvollziehbar ist – z.B. auf Grund von großem Leistungs- und Zeitdrucks?

Außerdem sind solche Überschreitungen nicht immer gleich zu erkennen. Schließlich ist menschliches Verhalten unglaublich komplex und ist erst im Kontext gesehen wirklich nachvollziehbar.

Und selbst dann, wenn, eine solche Überschreitung eindeutig festzumachen ist, wie geht man am besten mit der Situation um? Man will den Standard einhalten, aber nicht gleich die Keule auspacken und Mitarbeiter, bildlich gesprochen, niederknüppeln oder an den Pranger stellen.

 

Genau aus diesen Gründen macht das Spannungsfeld Führungskraft so vielen Führungskräften zu schaffen und es entstehen regelmäßig Situationen, wie die oben beschriebenen.

Ohne eine ausreichendes Verständnis und Werkzeuge, mit Hilfe deren man Situationen richtig einschätzen und auflösen kann, ist es oft ein gefühlter Kampf gegen Windmühlen.

 

Damit dir das nicht geschieht und du das Spannungsfeld Führungskraft nicht nur verstehst, sondern es auch erfolgreich meisterst, behandle ich genau diese Themen in meiner gleichnamigen Workshop-Serie.

Ende Oktober startet eine neue Serie, in der du nicht nur alles rund um das Spannungsfeld inklusive Führungskräfte-Werkzeuge lernst, sondern bereits während dem Training durch gezielte Umsetzung von Aufgaben Ergebnisse erzielst.

Zusätzlich lernst du nicht nur durch deine eigene Umsetzung, sondern auch von den Erfahrungen der anderen Teilnehmer und dem gemeinsamen Austausch.

 

Hier findest du mehr Informationen zum Schwerpunkt und dessen Inhalte, so wie die Anmeldung zum Workshop.

 

Egal ob du am Workshop teilnimmst oder nicht, halte auf jeden Fall die Augen offen, wenn es moralische Überschreitungen oder Überschreitungen bei der Zusammenarbeit geht. Halte die Stellung. Zieh die Grenze.

Es kostet Kraft und Durchsetzungswillen, aber du selbst, dein Unternehmen und vor allem dein Team werden es dir danken.

So long,
Stefan


*Das Spannungsfeld Führungskraft beschäftigt sich mit der Verantwortung und dem Ego einer Führungskraft, den Gegensätzlichkeiten von Führung und der effektiven Führung nach oben. Es ist auch dafür verantwortlich, dass es keine Gebote der Führung gibt, wie du in diesem Blog-Artikel nachlesen kann.

– Autor –

Stefan Portrait

Stefan Delano

Gründer von
Delano Training, Coaching & Consulting

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