Angst vor Führung?

Aktuell beobachte ich immer mehr Führungskräfte und Unternehmen, die davor zurückschrecken, bei wichtigem Themen die Stellung zu halten.

Der Grund dafür ist einfach: Die Angst, Mitarbeiter zur verlieren, wenn man diesen Grenzen aufzeigt.

 

Jetzt stellt sich die Frage: Ist das sinnvoll?

Die Antwort: Kurzfristig mag es Sinn machen, mittel- oder langfristig ist es eine Garantie für Misserfolg.

Hier erkläre ich kurz warum.

 

Kurzfristig nachgeben

Meiner Meinung nach muss in einem Betrieb bereits einiges schief laufen, wenn er Gefahr läuft Mitarbeiter zu verlieren, weil sie sich an sinnvollen Regeln und Vorgaben halten sollen.

Ein kurzfristiges Nachgeben kann dann Sinn machen, wenn der Ausfall eines oder mehrere Mitarbeiter die aktuelle Zielerreichung massiv gefährdet und diese wiederum bis zu einem gewissen Grad über Erfolg oder Untergang des Unternehmens entscheidet.

Sprich, wenn wir das aktuelle Ziel nicht erreichen, brauchen wir uns für das Danach keine Gedanken mehr zu machen.

In diesem Fall macht es Sinn, alles daran zu setzen, die Mitarbeiter zu halten und auch negatives Verhalten in Kauf zu nehmen. Mit den daraus resultierenden Konsequenzen beschäftigen wir uns später – falls es ein Später gibt.

Wir graben uns zwar auch in diesem Fall für die Zukunft das Wasser ab, aber im Gegensatz zu anderen Situationen gibt es ohne aktuelle Nachgiebigkeit keine Zukunft.

 

Mittel- bis langfristiger Erfolg

Damit wir einschätzen können, wie sich Nachgiebigkeit langfristig auf unseren bzw. den Erfolg des Unternehmens auswirkt, müssen wir zuerst analysieren, was geschieht, wenn Führungskräfte negatives Verhalten in Kauf nehmen.

Ähnlich wie Kinder sich nicht an dem orientieren, was Mama und Papa sagen, sondern was diese selbst tun und durchgehen lassen, gilt für Mitarbeiter nicht der Standard, den die Führungskraft vorgibt, sondern jenen, den die Führungskraft toleriert.

Das bedeutet, dass die Führungskraft nicht einfach nur einmalig ein negatives Verhalten in Kauf nimmt, sondern akzeptiert, dass der Standard für das gesamte Team sinkt.

Das große Problem dabei ist, dass es meist nicht bei einer Verfehlung bleibt. Ist die Grenze erst einmal verschoben, braucht man nicht allzu lange warten und es gibt eine abermalige Überschreitung. Diese fällt meist negativer aus als die erste.

Die Führungskraft hat jetzt noch immer das Problem, dass sie Gefahr läuft Mitarbeiter zur verlieren, wenn sie den Standard einfordert und eine Grenze zieht, zusätzlich aber muss sie erklären, warum sie die erste Überschreitung bzw. die ersten Überschreitungen in Kauf genommen und toleriert hat.

Deshalb wird im Großteil der Fälle auch bei weiteren Überschreitungen keine Grenze gezogen. Somit verschiebt sich der Standard immer mehr nach unten und die Menge an negativem Verhalten nimmt zu.

Dies geht so lange, bis jegliche Zielerreichung defacto unmöglich ist, oder genau das geschieht, was man ursprünglich verhindern wollte: Produktive Mitarbeiter kündigen.

Und zwar deshalb, weil sie in einem dermaßen unproduktiven und destruktivem Umfeld nicht mehr arbeiten wollen.

Man bleibt also zurück mit oftmals weniger produktiven Mitarbeitern und einem Standard, der im Keller ist.

Dies wieder auf gleich zu bringen ist ungemein schwierig – vor allem, weil die Führungskraft auf dem Weg meist jegliche Autorität verspielt hat und neue Mitarbeiter sich schnell an dem gelebten Standard anpassen.

 

 

 

Die Alternative

Wie bereits weiter oben geschrieben, kündigen Mitarbeiter nicht einfach deshalb, weil sie geführt werden oder sich an Vorgaben halten müssen. Stattdessen kommt es meiner Erfahrung nach bei diesem Thema dann zu kündigen, wenn wir einen, von zwei Fehlern machen (oder beide):

  1. Wir stellen Mitarbeiter ein, die weder zu Team noch zur Unternehmenskultur passen. Viele Verhaltensweisen oder Vorgaben stoßen diese Mitarbeiter massiv vor den Kopf – nicht, weil sie sinnlos oder moralisch verwerflich sind, sondern weil diese Mitarbeiter und das Unternehmen grundsätzlich anders ticken.
  2. Führungskräfte halten die Stellung und drücken Vorgaben durch, wo es weder angebracht noch sinnvoll ist. Und in den restlichen Fällen unterlassen sie es, zu kommunizieren, warum es sinnvoll ist. Für Mitarbeiter hat es dadurch den Anschein, dass die Führungskräfte primär darauf aus sind, ihr eigenes Ego zu befrieden oder die Mitarbeiter als Roboter bzw. Sklaven sehen, denen man nur anschafft, sich aber nicht erklärt – und darauf hat niemand Lust.

 

Da die wenigsten Führungskräfte aber auch nur in irgendeiner Form auf ihre Rolle vorbereitet werden (laut Umfragen nur 15%), sind diese Fehler die Norm und nicht die Ausnahme.

Die Alternative besteht also darin, keine Angst vor Führung zu haben, Führungskräfte dorthin zu bringen, effektiv zu führen und bei sinnvollen Vorgaben die Stellung zu halten und das Warum richtig zu kommunizieren. Das schafft sogar Motivation anstatt des Wunsches zur Kündigung.

Die Frage ist nur, ob die Führungskräfte dazu im Stande sind oder nicht. Deshalb wie immer meine Haltung: Führung ist ein Skill, der wie jeder andere professionelle Tätigkeit erlernt und trainiert werden muss.

So long,
Stefan

 

– Autor –

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