Fachkräftemangel – ein Problem des  Marktes oder des Unternehmens?

Eines der größten Themen, die bei meinen Kunden immer wieder auftaucht, ist die Herausforderung Mitarbeiter zu gewinnen – der klassische Fachkräftemangel.

Keine einzige Firma hatte zu Beginn unserer Zusammenarbeit nicht dieses Problem.

Aber ist es wirklich der Markt? Herrscht ein Fachkräfte-Mangel in dem Ausmaß, den alle versuchen darzustellen?

Oder könnte das Problem zumindest teilweise auch woanders liegen?

 

Mitarbeitergewinnung und -auswahl ist Führungssache

Ich bin der tiefen Überzeugung, dass die Auswahl und die Gewinnung der richtigen Mitarbeiter Führungssache ist. Und zwar ist es die Aufgabe der Führungskraft, in dessen Team der gesuchte Mitarbeiter arbeiten wird.

Es ist nicht die Aufgabe von Recruiting und nicht die Aufgabe von HR. Es ist die Aufgabe der Führungskraft. Nein, die Führungskraft muss nicht selbst die Anzeige buchen, schalten, usw. – dafür bekommt sie die Unterstützung von HR.

Aber die Führungskraft muss sich überlegen, wen sie überhaupt braucht – und zwar ganz genau.

Das ist meist weit weniger klar, als es den Anschein hat. Aber wen ich nicht weiß, wen ich genau brauche, wie spreche ich diese Personen gezielt an? Ist dann der Fachkräftemangel nicht vorprogrammiert?

 

Was bei der Mitarbeitersuche meist (aber nicht immer) relativ klar ist, sind die fachlichen Kenntnisse und Erfahrungen, die vorausgesetzt werden. *

„Der Mitarbeiter muss Programmiersprache X beherrschen, X Jahre Erfahrung und eine einschlägige höhere Ausbildung abgeschlossen haben“. **

Ok, dass ist der einfache Teil.

 

Aber wen suchen wir wirklich?

Nehmen wir das Attribut her, dass in ABSOLUT JEDER Anzeige angegeben wird: Teamfähigkeit.

Teamfähigkeit bedeutet für jedes Team etwas anderes, da jedes Team anders aufgebaut ist und anders agiert.

Im einen Team bedeutet Teamfähigkeit, dass man füreinander einspringt, falls es Ausfälle gibt. Beim anderen wiederrum, dass intern ein gewisser „Schmäh“ läuft und man mitzieht und sich nicht auf die Zehen getreten fühlt.

Wieder woanders bedeutet Teamfähigkeit primär, dass man bereit ist, seinen Teil an unangenehmen Aufgaben zu übernehmen.

Woanders wieder, dass man kein Problem mit viel Kommunikation und regelmäßigen Austausch hat – was in einem weiteren Team wieder kaum eine Rolle spielt.

Und wieder eine andere Führungskraft versteht unter Teamfähigkeit eigentlich Verlässlichkeit oder, dass Erfolge nur als Team gefeiert werden.

 

Oder wie sieht es mit dem Alter aus? Wollen wir jemanden mit 30 oder jemand mit 45?

Das spielt insofern eine große Rolle, als dass man in unterschiedlichen Lebensphasen unterschiedliche Ansprüche an seinen Arbeitgeber hat.

Spielen zunächst oft Geld und Aufstiegschancen eine primäre Rolle, kann sich das schnell ändern, wenn Kinder und Familie da sind. Dann möchte ich vielleicht geregelte Arbeitszeiten und kein zig Überstunden, damit ich Zeit mit meinen Kindern verbringen kann.

 

Wie schaut das Arbeitsumfeld aus? Suche ich jemand, der von einem High zum nächsten jagt und ständig vor neuen Herausforderungen stehen möchte (z.B. in einem Startup) oder will ich jemanden, der produktiv und stabil vor sich hinarbeitet und gewissenhaft seine Aufgaben erledigt?

Für jede Situation gibt es Menschen, die genau dieses Setting suchen.

 

Das bedeutet, ich muss mir wirklich zu 100% klar sein, wen ich als Führungskraft will und brauche.

Weil erst dann kann ich mir überlegen, wie ich meine Stellenanzeige so gestalte, dass sich genau diese Person angesprochen fühlt und auch, wo ich sie schalte (je nach Alter, Ausbildung und Branche ist der Ort der Stellenanzeige maßgeblich).

In einem Handwerksbetrieb, mit dem ich zusammengearbeitet habe, haben wir folgenden Entwurf gemeinsam ausgearbeitet:

 

„Heizungstechniker gesucht

Du liegst gerne im Sommer am See und hast dafür kein Problem, im Winter ein paar Stunden mehr zu machen? Dann bist du bei uns genau richtig.

Wir sind ein kleines Team von 7 Leuten und als Kärntner natürlich alle per Du.

Am Montagmorgen gibt es einen gemütlichen Kaffee mit den Kollegen am Freitagabend (und vielleicht auch einmal unter der Woche 😉) ein gemeinsames Bier.

Unsere Ziele sind alles Teamziele – wir gewinnen gemeinsam.

Deine Aufgabe ist es Services von Heizungsanlagen in Privathaushalten selbständig durchzuführen. Aber keine Angst, wir schmeißen dich nicht ins kalte Wasser. Bis du dich wirklich sicher fühlst, begleitest du einen Kollegen und sammelst Erfahrung.

Wenn du aber später allein unterwegs bist, müssen wir uns auf dich verlassen können. Und je besser wir uns auf dich verlassen können, desto mehr verdienst du auch!

Urlaubsplanung ist als kleines Team manchmal etwas schwieriger, aber wir haben das noch immer locker hinbekommen – vor allem, weil in den Sommermonaten weniger zu tun ist.

Als fachliche Qualifikation solltest du folgendes mitbringen:

  • 1, 2, 3,

Falls du Interesse hast uns einmal kennen zu lernen dann schick deine Bewerbung an mail@firma.com und wir unterhalten uns bei einem Kaffee.

Gibt es vorab noch Fragen die wichtig für dich sind, kannst du uns jederzeit eine E-Mail schicken oder anrufen.

Gehalt: je nach Erfahrung ab €XXXX,XX

Wir freuen uns auf dich!“***

 

Ist die obige Anzeige perfekt? Sicherlich nicht. Aber hast du dadurch schnell eine Vorstellung, wer gesucht wird und ob sich die Person in dem Unternehmen wohl fühlen wird? Absolut.

Und genau das ist das Ziel. Es nützt nichts, wenn wir mit unserer Anzeige bei allen Bewerben auf Platz 5-10 landen, aber nirgends auf Platz 1 oder 2 (im Schnitt sehen sich Bewerber 3-5 potenzielle Arbeitgeber an).****

 

Wer Standard-Stellenanzeigen schaltet wird auch nach den Standardkriterien beurteilt – Nähe zum Arbeitsplatz, Sicherheit, Aufstiegschancen und vor allem auch Gehalt.

Und diesen Wettbewerb gewinnen meist immer die großen Industrieunternehmen, Banken und Versicherungen. Und selbst die haben es nicht immer leicht. Für alle anderen stellt es sich als Fachkräftemangel dar.

Gib also dir und potenziellen Mitarbeitern die Chance einander zu finden.

Damit das passieren kann, braucht es aber kompetente Führungskräfte und ein System INNERHALB des Unternehmens, das dies unterstützt. Externe Dienstleister werden nie das notwendige Verständnis für genau deine Situation haben, dass es dafür braucht (dort bist du einer von hunderten Kunden).

Falls du Fragen hast, wie man am besten diesen Prozess entwickelt und erfolgreich durchführt, schicke mir eine E-Mail oder lass uns ein Erstgespräch vereinbaren.

Ansonsten wünsche ich dir viel Erfolg bei der Umsetzung und bis bald!

So long,

Stefan

 

* Bei den Fachkenntnissen sollte nur das eine Rolle spielen, was wirklich gebraucht wird. Zu oft lassen sich Unternehmen von irrelevanten Fachkenntnissen blenden, obwohl der Bewerber gar nicht zum Team passt.

 

** Ich finde, dass formaler Ausbildung zu viel Gewicht beigemessen wird. Wir kaufen ja keine Ausbildung ein, sondern eine Leistung. Und wenn der Mitarbeiter diese Leistung erbringen kann, weil er die notwendigen Fähigkeiten beherrscht, dann kann es mir egal sein, ob er diese durch einen klassischen Bildungsweg oder im Selbstlerngang erworben hat. Und ich muss auch entsprechend Leistung vergüten und nicht Ausbildung.

 

*** Der Handwerksbetrieb (!) hat 100% seiner Stellen besetzt. Von Fachkräftemangel keine Rede. Zufall, oder?

 

**** Beim Bewerbungsgespräch musst du natürlich die Punkte abklären, die du vorher als wichtig definiert hast – also nicht nur die fachlichen Qualifikationen, sondern vor allem auch alle anderen Aspekte.

 

 

 

 

– Autor –

Stefan Portrait

Stefan Delano

Gründer von
Delano Training, Coaching & Consulting

Send this to a friend